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... und ein bisschen Satire

 

Aus dem Leben eines
I d e a l i s t e n

Verehrte Webseiten-Besucher, liebe Leser, seit Ende des Jahres 2010 habe ich, Rüdiger N. Aboreas, das 60. Lebensjahr erreicht. Ich denke, dass es da erlaubt sein sollte, schon einmal Rückschau zu halten. Nein, nicht in einer strengen zeitlich geordneten Biografie, sondern ungeordnet, je nach Laune und Intuition.Hier mal ein Bröckchen, dort mal ein Becherlein. Es Lesen sie weiter.

 Folge 3 - Harzer Impression.

Ölbilder, Aquarelle, Raku-Keramik - Horst Stockdreher lädt ein zur Vernissage am 2. De- zember 2011 um 20:00 Uhr in die Galerie DulsArt. Werkstattgespräch am 7. 12. um 19:00 Uhr

KulturStammtisch:
8. 12., I9:00, dulsArt

Der Dulsberg lebt auf und feiert die    E R Ö F F N U N G des café dulsBerg Straßburger Platz 9 - 22049 Hamburg am 1. Dezember, 11:00 Uhr.

Biografisches, Teil 3.                                                                                      

Harzer Impression

Wir, mein Bruder und ich, haben die Zeit nach dem Tod unserer Mutter in Bad Grund verbracht. Das heißt genauer in dem Häuschen meiner Großeltern, einer kleinen verwunschenen Kate am Fuß eines relativ steil aufsteigenden Felsengebildes, wie es für den Harz typisch ist. Der Zugang zu der bescheidenen Behausung führte durch einen Garten bzw. Hof, der sich längs zur Straße dehnte, und der in meinen Erinnerungen überwiegend aus Sand und Staub bestand. Doch damit erschöpft sich die Beschreibung keineswegs. Denn in der Mitte der staubigen Fläche ragte ein Baumstumpf aus dem Boden heraus. Und  obendrauf saß ein Puter, ein böses, hoch aggressives Viech. Wollten wir das Haus betreten, mussten wir von der Straße aus die Pforte zum Garten öffnen, was den Puter augenblicklich alarmierte. Sofort kam er angeschossen, mich kleinen Burschen zu attackieren. Sich gegen dessen Angriffe zu erwehren, benutzte ich eine Harke, die ich dem rasenden, mit gestutzten Flügeln schlagenden und mit dem Schnabel hackenden Ungetüm entgegenstemmte. Allein das hielt ihn auf Distanz. So, mit dem Rücken zum Häuschen, durchquerte ich seinen Machtbereich. Wollte wir das Grundstück verlassen, trug ich die Harke in gleicher Haltung zur Pforte, wo ich sie auf der Straßenseite längs des Zauns ablegte.

Vielleicht hat mich und nicht zuletzt meinen Bruder diese frühe Erfahrung geprägt fürs Leben. Denn wir besitzen bis heute die tiefe Gewissheit, dass man den Fährnissen selbst des bescheidensten Lebens ins Augen blicken muss. Ein wenig Durchhaltevermögen wäre auch vonnöten, um sich auch nur halbwegs behaupten zu können.

Doch eines Tages packte mich der Schreck: Ich wollte zur Harke greifen, fand sie aber nicht an ihrem Platz. Irgendwer war wohl vor mir in ihrem Schutz ums Haus geschritten. Was sollte ich machen? Ich schrie laut nach meiner Oma. Doch die weilte im Stall bei unserem fetten Quiektier. Womöglich hatte Oma gerade das Essgeschirr und die Töpfe abgewaschen, ohne Spülmittel, sondern nur mit kochendem bis heißem Wasser, wie es üblich war. Denn das lustige, immer hungrige Schwein bekam täglich dieses Spülwasser in den Trog geschüttet.

Ich blinzelte zum Puter. Der schien meine Nervosität außerhalb des Zauns bemerkt zu haben. Er hielt seinen kleinen Kopf mit leichter Schräge in meine Richtung. Doch dann wandte er sich unerwartet ab, entfaltete seine flugunfähigen Flügel und tat so, als ginge ihn meine Nähe gar nichts an. Jetzt oder nie, dachte ich. Ich riss die Pforte auf, nahm meine Beine in die Hand. Doch das schlaue Tier schien nur auf diesen Versuch gewartet zu haben. Augenblicklich, einem Raketenstart gleich, stürmte es heran.

 

Mich verließ aller Mut. Ich flüchtete zurück auf die Straße, versäumte es aber in der Aufregung, die Pforte zuzuschlagen. So konnte hinter mir auch das Viech auf die Straße gelangen, was es gnadenlos ausnutzte. Ich stürzte, fiel der Länge nach hin, der Puter schwang sich auf mich und hackte und tanzte wie tollwütig auf meinem Rücken herum. Ich weinte und schrie vor Angst. Gleichwohl: viel habe ich von diesem Szenario nicht mehr im Gedächtnis. Ich weiß nur noch, dass mir blitzartig bewusst wurde, wie einsam ich doch war auf dieser Welt. Kein Mensch weit und breit, die Mutter und der Opa im Himmel und auf der Erde nur ich und dieser tobende Irrwisch über mir. 

Doch Halt! Da war noch jemand, nämlich der Schäferhund eines Bauern, dessen Gehöft auf der gegenüberliegenden Straßenseite lag. Auch diesem Tier sind wir stets aus dem Weg gegangen. Man konnte ja nie wissen, immerhin waren mein Bruder und ich nicht allzu viel größer als der. Dieser Schäferhund - ich weiß seinen Namen nicht mehr - hatte mein Unglück beobachtet und fegte laut bellend über die schmale Straße heran. Ließ sich der Puter zunächst ganz und gar nicht beeindrucken, änderte er sein Verhalten, nachdem der Hund mehrmals nach ihn geschnappt hatte. Prompt suchte der Gefiederte sein Heil in der Flucht zurück auf unseren Hof, wo er sich hinter seinem Baumstumpf versteckte. Kurz darauf erschien auch der zum Hund gehörende Bauer von gegenüber auf der Bildfläche und geleitete mich in Begleitung seines knurrenden Tieres durch den Garten in die Sicherheit des Häuschens.

Inzwischen war auch meine Oma aufmerksam geworden. Sie schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Und da mit dem Tod meines Opas auch der größte Fan des Puters abhanden gekommen war, sollte der Liebling des Familienvorstandes alsbald geschlachtet werden.

Was mir geblieben ist von diesem Ort sind die Bilder der Kate, des gegen den Berg gebauten Stalles, des Hofes und seines Puters, der malerische Straße, sind das Panorama der stolzen Berge und der Duft der wunderbaren Wälder: Idylle.

Nicht lange und mein Lebensweg verlagerte sich vollends nach Hannover. Nicht einmal meine kommende Stiefmutter, die Schwester meiner leiblichen Mutter, drängte es zurück in den Schoß ihrer Heimat. Der Harz degenerierte für mich zu flüchtigen, sich wiederholenden Gesprächsfetzen, die die Erwachsenen sich gelegentlich zuwarfen, die ich aufschnappte, die in ihrer Anzahl aber nichts erhellten, nichts erklärten. Sie blieben ohne Belang.

In der nächsten Folge:
Eine neue Familie entsteht.